Die Todesopfer des Eisernen Vorhangs: Ein an der Freien Universität Berlin entwickeltes Online-Handbuch ist ab sofort zugänglich
News vom 02.10.2020
Ein Forschungskonsortium der Freien Universität Berlin, der Universität Greifswald und der Universität Potsdam hat ein digitales Handbuch mit Biografien von Männern, Frauen und Kindern veröffentlicht, die am Eisernen Vorhang ums Leben kamen. In dem zum 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung zugänglich gemachten Handbuch kann online nach den Biografien und Todesumständen von Opfern des DDR-Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze recherchiert werden. Verzeichnet sind auch Biographien und Todesumstände von DDR-Flüchtlingen, deren Fluchten an den Grenzen anderer Ostblockstaaten oder in der Ostsee tragisch gescheitert sind. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt untersuchte der Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität seit November 2019 in Kooperation mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den ehemaligen Ostblockstaaten Grenzzwischenfälle am Eisernen Vorhang, bei denen DDR-Flüchtlinge und in einigen Fällen Bundesbürger ums Leben kamen. Das Forschungsteam der Universität Greifswald recherchiert seit Juli 2019 die in der Ostsee gescheiterten Fluchtversuche, bei denen DDR-Bürger zu Tode kamen.
Die Ergebnisse der beiden Forschungsteams werden nach und nach in das Online-Handbuch eingepflegt, das vom 3. Oktober 2020 an mit bereits vorliegenden Teilergebnissen der Projektforschung im Internet zugänglich ist. Über Landkartenausschnitte sowie eine Filter- und Volltextsuche kann online in den Biografien recherchiert werden. „Durch den Landkartenzugang und die Filterfacetten ist es möglich die regionalen oder Orte der Zwischenfälle am Eisernen Vorhang aufzusuchen sowie die Herkunft der Betroffenen und ihre Fluchtwege nachzuvollziehen“, erläutert Dr. Jochen Staadt Projektleiter im Forschungsverbund SED-Staat. Das Angebot, richte sich insbesondere an schulische Einrichtungen und regionale Institutionen der politischen Bildung. Durch das Online-Handbuch sollen zudem Verwandte, Freunde und weitere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erreicht werden, deren persönliche Auskünfte zur Ergänzung oder auch zur Berichtigung der rekonstruierten Biografien beitragen können, wie Jochen Staadt hinzufügte. In das Handbuch sind Ausschnitte aus bereits geführten Zeitzeugeninterviews eingefügt. Zu einem späteren Zeitpunkt werden weitere vom Center für Digitale Systeme (CeDiS) der Freien Universität Berlin geführte und aufbereitete Interviews in einem digitalen Interviewarchiv für wissenschaftliche und pädagogische Zwecke nutzbar sein.
Das Biografische Handbuch ist eine sogenannte Open-Encyclopedia-System-Anwendung (OES), die vom Center für Digitale Systeme der Universitätsbibliothek an der Freien Universität Berlin entwickelt wurde. Das OES ist eine standardisierte Open-Source-Plattform, mit der Online-Enzyklopädien frei zugänglich (Open Access) im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften erstellt und veröffentlicht werden können.